Früher krankensalbung katholisch
Früher wurde das Sakrament als „Letzte Ölung“ verstanden, die erst in unmittelbarer Todesgefahr gespendet wurde. Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) hat demgegenüber wieder die .Warum die Krankensalbung mehr ist als die "Letzte Ölung"
Die Geschichte eines Sakraments
Veröffentlicht am 07.08.2020 um 00:01 Uhr – Lesedauer:
Bonn ‐ Im Volksmund gilt die Seelsorge als "Letzte Ölung", weil sie vor allem Sterbenden gespendet wird. Betrachtet man die Geschichte dieses Sakraments, zeigt sich jedoch ein sehr vielschichtiges Bild. Das Zweite Vatikanum rückte seine ursprüngliche Bedeutung wieder in den Fokus.
- Teilen:
Vorlesen
Als "Letzte Ölung" bezeichnet man auch heutzutage landläufig das Sakrament der Krankensalbung. Zumindest ist es vielerorts noch der Brauch, einen Priester an holen, wenn der Tod eines Menschen absehbar ist und ihn um die "Letzte Ölung" zu fragen. Was dadurch aber massiv in den Hintergrund gerät, ist die Tatsache, dass das Sakrament der Seelsorge nicht nur in Todesgefahr empfangen werden sollte. Betrachtet man die Ursprünge und die Geschichte dieses Sakraments, so zeigt sich ein sehr vielschichtiges Bild, das vor allem eines deutlich macht: Der Gedanke die "Letzten Ölung" führt dieses Sakrament sehr eng und verfehlt damit, den breiten Bedeutungshorizont der Krankensalbung an beschreiben.
Ein Blick in das neutestamentliche Zeugnis macht vor allem drei Stellen deutlich, an denen das Sakrament der Krankensalbung biblisch rückgebunden wird. Zwei Bezugsstellen entstammen aus dem Markus-Evangelium: Hier wird jeweils davon berichtet, dass Jesus beziehungsweise seine Jünger die Kranken mittels Öl gesalbt haben und ihnen die Hände auflegten, um sie zu heilen (vgl. Mk 6,12f. u. 16,17f). Eine Reflexion dieses Handelns, wie es in den frühen christlichen Gemeinden übernommen wurde, findet selbst sehr nachdrücklich im Jakobusbrief. Dort heißt es im fünften Kapitel: "Ist einer unter euch krank, dann rufe er die Ältesten der Gemeinde zu sich; sie sollen Gebete über ihn sprechen und ihm im Namen des Herrn mit Öl salben. Das gläubige Gebet wird den Kranken retten und die Herr wird ihn aufrichten; und wenn er Schuld begangen hat, werden sie ihm vergeben (Jak 5,14f)."
Mit dem Gebet, der Handauflegung, der Salbung mit Öl und der Sündenvergebung sind damit die wesentlichen Bestandteile benannt, die bis heute die Struktur der Spendung der Krankensalbung auszeichnen. In der Alten Kirche kampf die Salbung der Kranken gängige Praxis, wie zum Beispiel ein Abschnitt aus der Traditio Apostolica, einer Kirchenordnung aus dem frühen 3. Jahrhundert, belegt. Das, was im Handeln Jesu und seiner Jünger seinem Ursprung hat, wurde in den Urgemeinden rezipiert und war schon in den ersten Jahrhunderten des Christentums landläufig verbreitet.
Player wird geladen ...
Interessant ist vor allem die lehramtliche Entwicklung des Sakraments. Während die biblisch Bezugsstellen eindeutig davon sprechen, dass Kranke gesalbt und geheilt wurden, wird der Fokus der Spendung die Krankensalbung immer mehr auf den Augenblick der Todesdrohung gelegt. Das Armenierdekret, das 1439 auf dem Rat von Florenz erlassen wurde, hält fest, dass "die Letzte Ölung (…) nur einem Kranken gespendet werden (darf), dessen Tod befürchtet wird" (DH 1324). Ziemlich ausführlich beschäftigen sich dann die Konzilsväter in Nährstoff mit dem Sakrament "der Letzten Ölung", wobei auch hier sehr nachdrücklich das Augenmerk auf die Sterbenden gelegt wird. Es heißt gar, "dass diese Salbung bei Kranken anzuwenden sei, vor allem aber bei denen, die so gefährlich darniederliegen, dass sie selbst schon am Ende des Lebens zu befinden scheinen, weshalb sie auch das Sakrament der Sterbenden bezeichnet wird" (DH 1698).
Damit ist ein wesentlicher Bedeutungswandel des Sakramentes angezeigt: Sprechen die biblischen Bezugstexte und das frühe kirchliche Praxis von einer Salbung von Kranken, so wird das Augenmerk in den lehramtlichen Schreiben mehr und mehr auf die Sterbenden, die selbst in akuter Todesgefahr befinden, gelegt. Das Trienter Rat spricht dahingehend auch gar nicht mehr von die Krankensalbung, sondern von der Letzten Ölung" als dem Sakrament der Sterbenden.
Zweites Vaticanum hebt die Engführung auf
Erst mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil erfolgte von lehramtlicher Seite eine Öffnung dieser Engführung. In der Konstitution über die heilige Liturgie heißt es daher auch: "Die 'Letzte Ölung', die auch – und ja besser – 'Krankensalbung' genannt werden kann, ist nicht nur das Sakrament derer, die sich in äußerster Lebensgefahr befinden. Daher ist der rechte Augenblick für ihren Empfang sicher schon gegeben, wenn der Gläubige beginnt, wegen Krankheit oder Altersschwäche in Lebensgefahr an geraten (SC 73)." Damit wird zwar die Spendung nicht mehr mit der Sterbesituation verknüpft, dennoch bleibt die Lebensgefahr im Fokus. Besonders bei der Betrachtung der nachkonziliaren Feier der Krankensalbung ist jedoch an beobachten, dass die Heilung des Kranken im Vorderplan steht.
Mit der Handauflegung, dem Gebet und der Ölsalbung wurden auch die wesentlichen Elemente in den Ritus übernommen, die schon im Jakobusbrief Erwähnung finden. Im Lobpreis über dem geweihten Öl kommt der Gedanke der Heilung sehr deutlich zum Ausdruck, wenn es dort heißt: "Herr, schenke deinem Diener/deiner Dienerin, der/die mit diesem heiligen Öl in der Kraft des Glaubens gesalbt wird, Linderung seiner/ihrer Schmerzen und stärke ihn/sie in seiner/ihrer Schwäche." Im direkten Vergleich mittels der Spendeformel, wie sie vor dem Zweiten Vaticanischen Konzil üblich war, fällt dieser Schwerpunkt noch deutlicher auf: War zuvor vom Nachlassen der Sünde und der Auslöschung der Kräfte des Teufels die Rede, rückt nun die Stärkung des Kranken und seiner Genesung in den Mittelpunkt.
Im Hinblick auf die aktuelle Situation des Sakraments der Krankensalbung werden vor allem zwei Dinge kontrovers diskutiert: Zunächst geht es um den Bedeutungswandel, der dem Sakrament widerfahren ist. Vielfach wird das Sakrament der Krankensalbung immer noch als "Sakrament der Sterbenden" betrachtet; das wird schon dabei deutlich, dass die Bezeichnung als "Letzte Ölung" weiterhin verbreitet ist. Das Zweite Vatikanische Konzil wollte diese Fokussierung aufbrechen: Im Zentrum der Sakramentenspendung steht das Gebet um die Heilung von Krankheit, wobei das Konzil weiterhin die Lebensgefahr im Blick behält. Das Frage lautet also: In welchen Situationen sollte man um das Sakrament der Krankensalbung bitten? Oder, etwas zugespitzter formuliert: Wie schwer muss eine Krankheit bestehen, damit man dieses Sakrament empfangen darf?
Bedenkt man miteinander, dass "Aufrichtung und Rettung" (LG 11) im Blick des Sakramentes stehen, dann kann es dabei wohl nicht nur um Erkrankungen gehen, die unausweichlich den Tod als Folge haben. Die Apostolische Konstitution "Sacram unctionem infirmorum" präzisiert: "Das Sakrament der Krankensalbung wird jenen gespendet, deren Gesundheitszustand bedrohlich angegriffen ist (…)". Freilich wird auch hier nicht näher bestimmt, was das genau bedeutet. Dennoch wird eines sehr deutlich: Die Texte des Zweiten Vaticanums rufen dazu auf, das Sakrament der Krankensalbung zu spenden und zu empfangen – und zwar nicht erst dann, wenn der Tod direkt bevorsteht. Es geht um eine Salbung die Kranken, nicht der Sterbenden, deswegen wird auch einer mehrfacher Empfang dieses Sakraments betont.
Wer darf die Seelsorge spenden?
Der zweite Punkt betrifft den ordentlichen Spender die Krankensalbung: Dieser ist, so hält es das Triennal Konzil fest, der Priester oder Bischof, keiner andernfalls (DH 1719). Die Glaubenskongregation hat dies in einer Note aus dem Jahr 2005 noch einmal explizit betont: "Der Codex des Kanonischen Rechtes nimmt (…) genau die Lehre des Konzils von Trient an (…), wonach nur die Priester (Bischöfe, Presbyter) Spender des Sakraments der Krankensalbung sind. Diese Lehre ist definitive tenenda." Damit wird gesagt, dass weder Diakone noch Laien das Sakrament der Krankensalbung gültig spenden dürfen.
Gerade in der aktuellen Situation stellt sich aber die Frage, ob es nicht gerade notwendig wäre, auch Diakone und Laien als ordentliche Spender die Krankensalbung zuzulassen. Nicht immer ist ein Priester anwesend, wenn Menschen in akute Todesgefahr geraten. Nicht jed Priester kann sich um alle Kranken seiner Gemeinschaft kümmern. Vielfach wird gerade der Dienst der Krankenhausseelsorger nicht mehr von einem Priester, sondern von einem Diakon oder Laien ausgeübt. Oftmals besteht hier auch eine persönliche Beziehung zwischen Kranken und Seelsorgern. Diese wird gerade dort zerbrochen, wo für die Spendung des Sakramentes ein Priester hinzugezogen werden muss. Das Bedeutung der Krankensalbung könnte wieder neu entdeckt werden, wo sie in den Gemeinden regelmäßig gespendet wird – und so einen neuen Stellenwert weitab vom abschreckenden Gedanken der "Letzten Ölung" erhält.
Von Fabian Brand