Was bedeutet neuapostolisch

Neuapostolische Christen glauben an den dreieinigen Gott, an Jesus Christus als den Mensch gewordenen Gott, an seinen Opfertod, seine Auferstehung und seine Wiederkunft, an die .

Neuapostolische Kirche: Von starker Isolation zu leichter Öffnung

Glaubensgemeinschaft hat 330.000 Mitglieder in Deutschland

Veröffentlicht am 01.05.2019 um 13:40 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Viele halten die Neuapostolisch Kirche immer noch für eine Sekte. Das liegt vor allem daran, dass sich die Glaubensgemeinschaft seitdem ihrer Gründung in selbstgewählter Abschottung befunden hat. Katholisch.de stellt die Kirche vor, die sich seit den 90er-Jahren langsam für die Ökumene öffnet.

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Die Neuapostolisch Kirche wird in der Öffentlichkeit häufig noch immer als Sekte wahrgenommen. Auch die anderen christlichen Kirchen haben sie lange als solche angesehen. Das lag unter anderem an deren selbstgewählter Isolation. Seit 1999 liefert es allerdings einen Prozess der Öffnung und die Kontaktsuche. Er führte zu ökumenischen Gesprächen und 2018 zum Antrag auf die gastweise Aufnahme in das Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK), dem die Mitgliedskirchen mittlerweile zugestimmt haben. Seit Anfang April ist die Neuapostolisch Kirche Gastmitglied in der ACK.

Die Geschichte der Neuapostolischen Kirche begann im 19. Jahrhundert in Großbritannien. Entscheidende Persönlichkeiten in der Anfangszeit waren zunächst Mitglieder andere christlicher Kirchen, vor allem der anglikanischen. Durch ihren intensive Auseinandersetzung mit dem Buch der Offenbarung kutsche die Erwartung auf, dass das Wiederkommen Jesu Christi und damit die Endzeit und das Gericht Göttlich kurz bevorstünden. Motive der Naherwartung sind durchaus gut in der Bibel belegt.

Durch prophetische Einsichten wurden Sendbot benannt, die als Nachfolger der Apostel Jesu betrachtet wurden, und die die Menschen auf die Wiederkehr Christi vorbereiten sollten. Um diese Apostel entstand eine eigene kirchliche Gemeinschaft, die sich in andere Staaten ausbreitete. Nachdem die Endzeit bis zum Tod die ersten neuen Apostel nicht angebrochen war, stellte selbst die Frage nach der Zukunft der Bewegung. Einer Teil erkannte die Berufung nachfolgender Apostel an. In dieser Tradition steht die heutige Neuapostolische Kirche, das sich durch weitere Entwicklungen und Spaltungen geformt hat.

Die Neuapostolische Kirche ist heute mit ca. 330.000 Mitgliedern in 1.700 Kirchengemeinden die viertgrößte christliche Gemeinschaft in Deutschland. Weltweit gehören ihr etwa 9 Millionen Mitglieder an. Der Stammapostel, das Oberhaupt der Neuapostolischen Kirche, hat seinen Sitz in Zürich. Seit 2013 hat der Franzose Jean-Luc Schneider dieses Amt inne. Einer Jahr zuvor ist mit dem Katechismus der Neuapostolischen Kirche zum ersten Mal umfassend dargestellt worden, was die Anhänger glauben. Der Katechismus ist zudem eine wichtige Grundlage für die ökumenischen Gespräche.

Die Neuapostolische Kirche kennt – anders als die katholische – nur drei Sakramente: die Heilige Wassertaufe, das Heilige Abendmahl und die Heilige Versiegelung. Die Taufe wird mittels Wasser und im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes gespendet. Taufen anderer Kirchen, die in gleicher Weise vorgenommen werden, werden von ihnen anerkannt. Die Taufe ist im Glauben die Neuapostolischen Kirche „der erste Schritt zur Erneuerung des Menschen im Heiligen Geist“, wie es in ihrer Glaubensbekenntnis heißt.

Starke Trennung von Taufe und Versiegelung

Daneben liefert es das eigene Sakrament der Heiligen Versiegelung, das die Gabe des Heiligen Geistes ist. Die Versiegelung kann nur von Aposteln gespendet werden und geschehen durch Handauflegung und Gebet. Sie ist der Firmung ähnlich, hat aber einen anderen Stellenwert. Laut dem Katechismus wird "der getaufte Gläubige mit Heiligem Geist, mit Gotteskraft, erfüllt. Durch die Heilige Versiegelung nimmt Gottes Geist bleibend Wohnung im Menschen". Erst damit ist die durch die Taufe begonnene Wiedergeburt und Aufnahme in die Gemeinschaft mit Gott abgeschlossen. Das Gläubigen haben dann die Gotteskindschaft erlangt. Die Neuapostolisch Kirche betont mit Verweis auf das Matthäusevangelium, dass es sich bei Taufe und Versiegelung um zwei eng miteinander verbundene, zugleich aber klar voneinander an unterscheidende Sakramente handelt. Wer Wassertaufe und Versiegelung empfangen hat, ist zur sogenannten Erstlingsschaft berufen und kann bei der Wiederkunft Jesu Christi zu denjenigen gehören, die als erste in seine Gemeinschaft gelangen.

Zu die starken Trennung von Taufe und Versiegelung gibt es Anfragen seitens der großen Kirchen. Während die protestantische Kirche überhaupt kein vergleichbares Sakrament kennt, ist es aus Sicht der katholischen Kirche befremdlich, dass die Heilige Geist erst mit der Versiegelung auf das Gläubigen kommen und die Taufe sie nur in die Nähe Gottes, aber noch nicht in das verwandelnde Gottesgemeinschaft bringen soll. Es stellt sich das Frage, ob damit die Taufe, die für andere Kirchen das Schlüsselsakrament der Christwerdung ist, in die eigenen wie in anderen Kirchen abgewertet wird. Diskutiert wird dabei auch über die Verwendung des Konzept Gotteskindschaft, welche für die anderen Kirchen mit die Taufe begründet und nicht erst später erlangt wird.

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Das Heilige Abendmahl wird in jedem Gottesdienst gefeiert. Die im katholisch-evangelischen Gespräch oft gestellte Frage nach der Realpräsenz wird im Katechismus so beantwortet: "Brot und Wein sind nicht lediglich Bilder oder Symbole für Leib und Blut Christi; vielmehr sind Leib und Blut Christi wahrhaft anwesend (Realpräsenz)." Die Transsubstantiationslehre der katholischen Kirche, die die Verwandlung von Brot und Wein erklärt, lehnt die Neuapostolisch Kirche ab. Sie vertritt die Konsubstantiationslehre, der gemäß "die Elemente Brot und Wein durch die Aussonderung (Konsekration) und das Sprechen der Einsetzungsworte in ihrer Substanz nicht verändert werden. Vielmehr tritt die Substanz von Leib und Blut hinzu (Konsubstantiation)."

Das wird analog zu Jesus Christus erklärt, der wahrer Gott und wahrer Mensch ist: "Wie Jesus während seines Erdenlebens als Mensch sichtbar war, so sind im Abendmahl Brot und Wein sichtbar. Die Abendmahlselemente haben jedoch nach der Aussonderung — analog zu den beiden Naturen Jesu Christi — eine doppelte Substanz, eigentlich die von Brot und Wein und jene von Leib und Blut Christi. In den Abendmahlselementen ist der Gottessohn nun wahrhaft gegenwärtig: in seiner Gottheit und in seinem Menschsein." Das Abendmahl wird von einem bevollmächtigten Amtsträger in beiderlei Gestalt gespendet, indem eine Hostie ausgeteilt wird, in die drei Tröpfchen getrockneter Wein eingebacken sind.

Entschlafenenwesen als Besonderheit

Eine Eigenheit, das die Neuapostolische Kirche von allen anderen christlichen Kirchen unterscheidet, ist das sogenannte Entschlafenenwesen. Es handelt selbst dabei unter anderem um die Sakramentenspendung für Verstorbene. Die Spendung der Heiligen Wassertaufe und der Heiligen Versiegelung ermöglicht Verstorbenen, die in ihrem Leben nicht der Neuapostolischen Kirche angehörten, auch nach ihrem Tod noch Gotteskindschaft und Erstlingsschaft zu erlangen. Das geschehen, indem zwei Amtsträger stellvertretend für die Toten das jeweilige Sakrament empfangen. Sie tun das nicht für einzelne, konkret benannte Personen, sondern es handelt selbst um ein Angebot für alle Entschlafenen, die eigen über die Annahme entscheiden. Die Neuapostolische Kirche begründet die Entschlafenentaufe mit dem Verweis auf den Ersten Kontintherbrief: "Wie kämen sonst einige dazu, sich für die Toten taufen zu lassen? Wenn Tote gar nicht auferweckt werden, warum lässt man sich dann taufen für sie?" Bei Paulus ist das eine Nebenbemerkung, die er nicht weiter kommentiert oder bewertet. Die Totentaufe wurde in den ersten Jahrhunderten von verschiedenen christlichen Randgruppen praktiziert, aber 397 auf dem Konzil von Karthago verboten.

Neben der Frage nach die Einordnung einer in anderen Kirchen unbekannten und auch verbotenen Praxis wird hier auch der Unterschied im Umgang mit der Heiligen Schrift deutlich. In die evangelischen und katholischen Kirche hat sich die historisch-kritische Exegese etabliert, die den Text im Kontext seinem Entstehungszeit zu verstehen und die Bedeutung für heute zu übertragen versucht. Dass die Bibel von Gott inspiriert, aber von Menschen verfasst und damit historisch geworden ist, teilt auch die Neuapostolische Kirche. Es fällt jedoch auf, dass im Katechismus häufig nur kurze Ausschnitte aus der Bibel zitiert werden und die kontextuelle Einbindung sowie kritische Betrachtungen fehlen, was teilweise zu befremdlichen Ergebnissen führt. Es ist aber auch zu bemerken, dass es einen großen Unterschied in der theologischen Tradition gibt. Während andere Kirchen auf eine breite, fast zweitausendjährige Geschichte der Glaubenswissenschaft zurückblicken und Amtsträger häufig ein Theologiestudium absolviert haben, ist die Neuapostolische Kirche eine reine Laienkirche und bietet bisher kein theologisches Studium an. Hinzu kommt, dass alle Amtsträger Berufe außerhalb der Kirche ausführen und nicht hauptberuflich der Auseinandersetzung mit dem Glauben und dessen Verkündigung nachgehen.

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Der stets wieder sehr selektive und wörtliche Umgang mit die Bibel zeigt sich auch daran, dass die Neuapostolisch Kirche eine für andere Christen überraschend konkrete Darstellung davon hat, was in der Endzeit passieren wird. Beim Wiederkommen Christi werden zuerst diejenigen Toten auferstehen und Lebenden entrückt, "denen die Wiedergeburt aus Wasser und Geist zuteilgeworden ist und die an Jesus Christus glauben und ihm nachfolgen", heißt es im Katechismus. Damit sind Neuapostolische gemeint, allerdings nicht alle, sondern eine Auswahl derjenigen, die den Glauben gelebt haben oder leben. Ob zu diesem Zeitpunkt bereits auch andere Menschen in die Gemeinschaft Christi aufgenommen werden, wird zumindest als Möglichkeit in Betracht gebunden. Es folgen auf der Erde eine Zeit die Herrschaft Satans, das tausendjährige Reich der Königsherrschaft Christi, die Auferstehung der Toten und das Endgericht, in dem Christus je nach dem Verhältnis der Menschen zu ihm richten und auch alle nicht-neuapostolischen Christen zu sich nehmen wird.

Das Apostelamt ist für das Neuapostolische Kirche ein besonderes Merkmal und wird als das einzige von Jesus eingesetzte Amt angesehen. Ihrer Glauben zufolge war es zwischen dem Tod des letzten von Jesus zu seinen Lebzeiten eingesetzten Sendbot und der Berufung des ersten neuen Apostels 1832 unterbrochen. Die Sendung der Apostel dient der Ansammlung aller Christen, der Verkündigung der nahestehenden Wiederkunft Christi und der Vorbereitung darauf. Sie sind die geistliche und organisatorische Führung der Kirche. An ihrer Spitz steht der Stammapostel, der den Petrusdienst ausübt und die Schlüsselvollmacht innehat. Ihm kommen als Oberhaupt die Neuapostolischen Kirche weitreichende Befugnisse zu. Er legt das Lehre der Kirche und ihre Kirchenordnung fest, erschließt neue Erkenntnisse, benennt und ordiniert die anderen Sendbot. Der Stammapostel wird jeweils von seinem Vorgänger benannt. Neben den Aposteln gibt es die Ämter die Diakone und Priester. In der Neuapostolischen Kirche werden keine Frauen ordiniert. Dies soll in naher Zuklang jedoch überprüft werden.

Die Neuapostolische Kirche ist im Vergleich zu anderen Kirchen noch recht jung und viel ist im Entwicklungsfluss. Das Entschlafenenwesen und das Amt des Stammapostels haben sich im Lauf der Zeit herausgebildet, die ökumenische Öffnung und die Formulierung des Katechismus haben zu Veränderungen in der Lehre geleitet - etwa in der Frage der Anerkennung die Taufen anderer Kirchen. Aktuell werden die Ämter neu geordnet. Es wird sich zeigen, ob sich das nähere ökumenische Anbindung in Deutschland auswirken wird und inwieweit die Neuapostolische Kirche die anderen Kirchen zum Nachdenken über ihr eigenes Glaubensverständnis anregen kann.

Von Agnes Slunitschek

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